Schwaben…

Man kennt es. Egal, ob monatelanger Auslandsaufenthalt, dreiwöchiger Sommerurlaub, oder auch nur ein mehrtägiger Kurztrip – die Situation ist immer die gleiche. Man hat für einige Zeit das Ländle verlassen, sei es freiwillig oder unfreiwillig, auf jeden Fall befindet man sich auf unbekanntem Terrain, Neues, Unbekanntes erwartend, gespannt auf fremde Kulturen, Sitten und Gebräuche. Dieser Eindruck herrscht jedoch erfahrungsgemäß nicht allzu lange vor, scheint es doch beinahe eine anthropologische Grundkonstante zu sein, dass es meist nicht lange dauert bis die ersten altbekannten und vertrauten Mitmenschen aus der schwäbischen Heimat auf den Plan treten.
Sei es auf Sizilien, Ostküste – ein abgelegener Campingplatz, weit und breit nur Italiener. Entspannt liegt man in der Sonne, döst ein bisschen – plötzlich hört man es, ganz nahe: „Du, Marga dohanda hots a schees Plätzle…“. Oder ein einfacher Aufkleber auf dem Heck eines Autos mit Waiblinger Kennzeichen auf einem kleinen Parkplatz in einem griechischem Bergdorf mit der Aufschrift: Pro S21. So schnell kann die mediterrane Idylle dahin sein. Auch das einzige deutsche Ehepaar neben einem selbst auf einem einsamen ligurischen Campingplatz muss natürlich direkt neben einem Quartier beziehen und kommt selbstverständlich aus Welzheim. Wie dem auch sei – es scheint fast so, als übten Schwaben im Ausland unterbewusst eine Anziehungskraft aufeinander aus. Entfernungen spielen keine Rolle. Schwabendichte pro Quadratkilometer – ebenso wenig. Versucht man dagegen anzukämpfen und meidet Plätze wo es bekanntlich „bsonders schee isch“, wie beispielsweise einige signifikante Stellen um den Gardasee herum, oder an der Adriaküste, oder man macht am Strand um jeden verdächtigen Dinkelaker-Sonnenschirm einen großen Bogen, hat man meist wenig Erfolg. Schwaben sind überall – Widerstand scheint zwecklos.
So war es auch für mich eigentlich wenig verwunderlich, was sich vor ca. zwei Wochen ereignete. Zuvor muss man anmerken, dass wir seit unserer Ankunft in Ruanda bisher nur einem einzigen Deutschen begegneten (nämlich dem bereits erwähnten Supermarktbesitzer). Die übrigen wenigen Weißen mit denen wir Kontakt hatten, kamen aus Amerika, Kanada und der Schweiz.
Vor zwei Wochen also, konnte ich Pascal begleiten, der als offizieller Vertreter der Presbyterianischen Kirche einen Fußballplatz eröffnen sollte, der von einem Verein einem Internat der Presbyterianischen Kirche gestiftet wurde. Dort angekommen, war meine Verwunderung bereits beim Vorbeifahren an besagtem Sportplatz groß. Stand da doch, inmitten der afrikanischen Wildnis, ein sauber abgemessener Fußballplatz. Rasen grün und akkurat gemäht, ebenso akkurat die weißen Linien gezogen. Große, weiße Tore, grüne, makellose Netze – ich traute meinen Augen kaum. So etwas hier aufzubauen, erfordert sicherlich einiges an Aufwand. Saubere Arbeit.
Während der Veranstaltung hatte ich dann Gelegenheit mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen, die mit fünf Mitgliedern aus Deutschland vertreten waren. Und plötzlich war sie da, diese so vertraute Situation: man sieht sich, grüßt sich, kommt ins Gespräch. Kurz: „mr schwätzt halt“. Und dann stellt sich heraus: die Vorsitzende des Vereins und ihr Mann kommen aus Reutlingen, weitere der anwesenden Vereinsmitglieder aus Balingen bzw. Freiburg. Zufall? Vielleicht, dennoch glaube ich mittlerweile, dass sogar auf dem Mars der erste Mensch, der mir begegnen würde, mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schwabe wäre.

PS.: Der Verein heißt übrigens „Junge Menschen für Afrika e.V.“ und engagiert sich seit vielen Jahren in Ruanda im Bereich Entwicklungshilfe. Ich hatte sowohl von dessen Arbeit, als auch von Kompentenz und Einsatz der Vereinsleitung einen sehr positiven Eindruck. Wen es interessiert, der kann ja mal auf deren Homepage (www.kirinda.de) vorbeischauen. Dort findet Ihr übrigens auch Bilder vom Tag der Sportplatzeinweihung.